Ein gutes Jugendbuch, eines das über den engen Alterskategorien steht, weil es in wesentlichen Partien echt dichterisch ist und nicht bloss jugendlich. Zwei Erlebnisquellen werden spürbar, denen sich kein Mensch mit Flair fürs Künstlerisch-Atmosphärische verschliessen kann, die ‚Turnachkinder‘ und der Cirkus KNIE, bei dem die Verfasserin einige Zeit mitgearbeitet hat. Entscheidend aber ist, was die Autorin daraus werden lässt, denn der „Zirkus Sambuco“ ist ein völlig eigenständiges Buch.
Mittelpunkt und Rahmen zugleich ist ein Zirkus-Familienunternehmen mit all seinen Freuden und Nöten, mit allem, was dazugehört, vom Nummerngirl Carola bis zum Bär Mac Murphy, von der glanzvollen Premiere bis zum Unwetter, welches das Zelt in Fetzen reisst. Das farbige Bild ist da, die Artistenatmosphäre, und doch ist dies alles nie Klischee, sondern wirkt unverbraucht und lebendig, weil es wirklich erlebt ist.
Im Zentrum steht die Familie Grünenfelder, Grossmutter, Mutter, Vater, die Kinder Reto, Felix, Barbara und das kleine Eveli. Was Felix und Barbara im Laufe eines Jahres widerfährt, ist dabei das handlungsmässig Entscheidende. Beide, so jung sie sind, wachsen unter den gegebenen Lebensumständen über sich und ihre Klassenkameraden hinaus, indem sie während der Schulferien, die sie aus dem grossmütterlichen Haus, der Villa Seerose, zum fahrenden Zirkus zurückführen, dort ihre nicht immer leichten Aufgaben erfüllen. Dadurch wird der „Zirkus Sambuco“ ein Buch über Kinder und ein Buch für Kinder. Die Moral wirkt dabei nicht verstimmend, sondern stimulierend, sie interessiert, sie spannt, sie unterhält, – was liesse sich von der Moral Angenehmeres sagen? Es ist das Kunstvoll-Selbstverständliche, das dieses Jugendbuch zu einem dichterischen Buche macht.
Peter Marxer